Rollstuhlfahrer

Wenn sich das Leben plötzlich verändert – durch einen Unfall, eine Erkrankung oder eine Diagnose – dann ist es oft nicht nur der Körper, der neu lernen muss, sich zu orientieren. Auch rechtlich, organisatorisch und finanziell stellen sich viele Fragen. Wer übernimmt die Kosten für Hilfsmittel? Wo kann man Unterstützung beantragen? Welche Rechte stehen einem zu? 

Diese Seite bietet dir einen umfassenden Überblick über wichtige rechtliche und praktische Aspekte für Menschen, die neu mit dem Rollstuhl leben – mit Fokus auf Österreich

1. Erste Schritte: Wer hilft mir weiter? 

Nach einem einschneidenden Ereignis kann es schwierig sein, den Überblick zu behalten. In Österreich gibt es jedoch ein strukturiertes System an Sozialversicherungen, Behörden und Beratungsstellen, das Unterstützung bieten kann – wenn man weiß, wohin man sich wenden muss. 

Sozialversicherungsträger 

Je nach deiner beruflichen Situation ist einer der folgenden Träger für dich zuständig: 

  • Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) 

Für alle gesetzlich versicherten Arbeitnehmer:innen 

  • Pensionsversicherungsanstalt (PVA) 

Zuständig für Rehabilitation, Pflegegeld und medizinische Maßnahmen 

  • AUVA (Allgemeine Unfallversicherungsanstalt) 

Bei Arbeits- oder Wegeunfällen 

  • BVAEB (für öffentlich Bedienstete, Eisenbahner, BVA-Mitglieder) 

Diese Träger sind deine ersten Ansprechpersonen für: 

  • medizinische Rehabilitation 
  • Heilbehelfe und Hilfsmittel 
  • Pflegegeld 
  • berufliche Wiedereingliederung 

2. Hilfsmittel und Heilbehelfe: Was steht mir zu? 

Wer im Rollstuhl lebt, ist häufig auf spezielle Hilfsmittel angewiesen – sei es zur Mobilität, zur Pflege oder zur Unterstützung im Alltag. 

In Österreich werden solche Heilbehelfe größtenteils von der Krankenkasse oder einem anderen zuständigen Versicherungsträger finanziert. Voraussetzung ist in der Regel: 

  • ein ärztliches Attest 
  • ein Kostenvoranschlag durch ein anerkanntes Sanitätshaus 
  • die Genehmigung durch die Versicherung 

Beispiele für gängige Hilfsmittel: 

  • manuelle oder elektrische Rollstühle 
  • Toilettenstühle, Duschstühle, Haltegriffe 
  • Pflegebetten, Matratzen, Lagerungshilfen 
  • Rampen, Hebelifte, Transferhilfen 
  • Sitzkissen, Orthesen, Rollstuhlantriebe 

Der Bedarf wird individuell geprüft. Auch eine Wohnraumanpassung (z. B. Türverbreiterungen, barrierefreie Dusche) kann unter bestimmten Voraussetzungen gefördert werden – dazu mehr weiter unten. 

3. Pflegegeld: Finanzielle Unterstützung bei erhöhtem Pflegebedarf 

Das österreichische Pflegegeld ist eine Sozialleistung, die Menschen mit dauerhaftem Pflegebedarf monatlich ausbezahlt wird. Es dient dazu, die durch eine Behinderung oder Krankheit entstehenden Mehraufwendungen für Betreuung und Pflege abzufedern – unabhängig vom Einkommen oder Vermögen. 

Wer hat Anspruch? 

Alle Menschen mit einem dauerhaften Pflegebedarf von mehr als 65 Stunden im Monat, sofern sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich haben. 

Pflegegeldstufen (1 bis 7) 

Die Höhe des Pflegegelds richtet sich nach dem tatsächlichen Pflegeaufwand: 

Stufe  Pflegebedarf pro Monat  Betrag (Stand 2025) 
ab 65 Stunden  ca. 175 € 
ab 95 Stunden  ca. 325 € 
…  …  … 
über 180 Stunden + besondere Anforderungen  ca. 1.900 € 

Der Antrag wird bei der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) oder bei deinem Sozialversicherungsträger gestellt. Es erfolgt eine Begutachtung durch medizinisches Fachpersonal

Weitere Infos und Anträge: 

👉 www.pensionsversicherung.at 

4. Behindertenpass & Parkausweis 

Der Behindertenpass 

Der Behindertenpass ist ein amtlicher Nachweis einer Behinderung und wird beim Sozialministeriumservice beantragt. 

Mit dem Behindertenpass erhältst du Zugang zu: 

  • Steuerlichen Freibeträgen 
  • Preisnachlässen bei Mobilität, Kultur, Freizeit 
  • Begünstigungen im Beruf (z. B. Kündigungsschutz) 
  • Antrag auf Parkausweis 

Voraussetzung: Ein Grad der Behinderung von mindestens 50 %, bestätigt durch ärztliche Gutachten. 

Der Parkausweis nach § 29b StVO 

Wenn du dich nicht oder nur sehr eingeschränkt zu Fuß fortbewegen kannst, kannst du zusätzlich einen Parkausweis beantragen. Er erlaubt das Parken auf Behindertenparkplätzen und bietet Erleichterungen im Straßenverkehr (z. B. in Kurzparkzonen). 

Wichtig: Die Eintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ im Behindertenpass ist Voraussetzung. 

Beantragung: 

👉 www.sozialministeriumservice.at 

5. Wohnen & Barrierefreiheit 

Ein barrierefreies Zuhause ist für viele Menschen mit Mobilitätseinschränkungen eine Grundvoraussetzung für Selbstständigkeit und Lebensqualität. 

Mögliche Unterstützungen: 

  • Zuschüsse zur Wohnraumanpassung 

(z. B. barrierefreie Dusche, Türverbreiterung, Rampe, Treppenlift) 

➤ Je nach Bundesland und individueller Situation durch das Sozialministeriumservice, Landesförderstellen oder Gemeinde. 

  • KfW-ähnliche Fördermodelle in Österreich: 

Jedes Bundesland hat eigene Förderstellen für barrierefreies Bauen oder Umbauen (z. B. Wohnbauförderung, Landesförderungen) 

  • Barrierefreie Mietwohnungen: 

Wohnbauträger und Genossenschaften bieten spezielle Kontingente – meist nur mit Wohnberechtigungsschein zugänglich 

Tipp: Frühzeitig Kontakt mit dem Wohnbauträger oder der Gemeinde aufnehmen, da Umbauten mitunter genehmigungspflichtig sind. 

6. Mobilität & öffentlicher Verkehr 

Öffentlicher Verkehr 

Menschen mit Behindertenpass erhalten in vielen Verkehrsverbünden Preisermäßigungen oder Freifahrten

  • ÖBB Vorteilscard „Spezial“ 
  • Begleitpersonen fahren oft kostenlos mit (bei Eintragung „Begleitperson erforderlich“ im Behindertenpass) 
  • Lokale Verkehrsunternehmen bieten eigene Angebote 

KFZ und Individualverkehr 

  • Kfz-Steuerbefreiung für Menschen mit Behinderung 
  • NoVA-Befreiung beim Neukauf eines angepassten Fahrzeugs 
  • Zuschüsse für behindertengerechten Fahrzeugumbau (je nach Versicherungsträger oder Land) 
  • Fahrdienste in vielen Städten (z. B. Fahrtendienst Wien, gemeinnützige Organisationen) 

7. Beruf & Wiedereinstieg 

Ein Rollstuhl bedeutet nicht automatisch das Ende des Berufslebens. In Österreich gibt es verschiedene Unterstützungsangebote zur beruflichen Teilhabe: 

  • Stufenweise Wiedereingliederung nach längerer Krankheit 
  • Umschulungen oder berufliche Rehabilitation 

über das AMS Reha-Team oder die PVA 

  • Anpassung des Arbeitsplatzes 

(z. B. barrierefreier Zugang, ergonomische Hilfsmittel) 

  • Kündigungsschutz für begünstigte Behinderte 
  • Lohnkostenzuschüsse für Arbeitgeber, die Menschen mit Behinderung einstellen 

Beratungsstellen für berufliche Themen: 

8. Steuerliche Vorteile & finanzielle Erleichterungen 

Menschen mit Behinderung haben in Österreich Anspruch auf verschiedene steuerliche Erleichterungen, etwa: 

  • Außergewöhnliche Belastungen (z. B. Therapiekosten, Fahrtkosten, Hilfsmittel) 
  • Freibeträge je nach Grad der Behinderung 
  • Kfz-Steuerbefreiung 
  • Befreiung von der motorbezogenen Versicherungssteuer 

Alle Informationen findest du auf: 

👉 www.finanz.at/thema/behindertenfreibetrag 

9. Anlaufstellen & unabhängige Beratung 

Auch wenn Vivara keine individuelle Rechts- oder Sozialberatung anbietet, findest du hier seriöse Stellen, die dir weiterhelfen: 

  • Sozialministeriumservice 

www.sozialministeriumservice.at 

  • Behindertenanwaltschaft Österreich 

Unabhängige Anlaufstelle für Diskriminierungsfragen 

www.behindertenanwalt.gv.at 

  • SLIÖ – Selbstbestimmt Leben Österreich 

Interessenvertretung von Menschen mit Behinderung 

www.slioe.at 

  • Hilfswerk, Caritas, Volkshilfe, Diakonie 

Bieten in vielen Bundesländern Unterstützung, Pflege und Beratung 

Hinweis 

Diese Seite bietet einen allgemeinen Überblick über rechtliche und organisatorische Themen im Zusammenhang mit Mobilitätseinschränkungen. Sie ersetzt keine individuelle Beratung durch Behörden oder Fachstellen. Für verbindliche Auskünfte wende dich bitte an deinen Versicherungsträger, das Sozialministeriumservice oder eine spezialisierte Beratungsstelle.